BUDO - PÄDAGOGIK


BU - Nicht Kampf

Wie mittlerweile weithin bekannt ist, setzt sich das sinojapanische Schriftzeichen Bu eigentlich aus zwei Zeichen zusammen (tomeru & hoko), die letztlich bedeuten „den Speer stoppen“ oder freier: „den Konflikt verhindern“. Hieraus wird der Schluss gezogen, dass BU eigentlich mit Nicht-Kampf übersetzt werden muss. Nicht-Kampf meint vor allem einen Zustand des Bewusstseins und der Erkenntnis, dass der beste Kampf, der ist, der nicht gekämpft zu werden braucht. Allerdings nicht, weil man ihn feige meidet, sondern weil man aus dem technischen Können und der körperlichen Kraft heraus es nicht nötig hat, zu kämpfen, da man ohnehin gewinnen würde bzw. genau die Nachteile eines Kampfes kennt. Dieser Zustand, diese Erkenntnis kann als Ziel des Weges des Praktizierens und Erlernens von Kampfkunst gesehen werden: Das Dasein als "friedvoller Krieger".

Do - Der Weg

Das Wesenselement Do bezeichnet die Prozessorientiertheit des Budo. Der Weg zur Perfektion der Technik, des Handelns und letztlich der Person ist ohne Ende, da Perfektion niemals vollständig erreicht werden kann; sie ist flüchtig wie das Ego und jeder einzelne Moment (Zen-Perspektive). Der Weg ist also gekennzeichnet durch die dauerhafte Dynamik von Yin und Yang, dem Pendel zwischen den Extremen (Taoismus). Ziel ist es, den golden Weg der Mitte zu finden (Buddhismus), die Dualität der Welt zu überwinden (Taoismus) und sich als friedvoller Krieger von allen Zwängen zu befreien (Schambala). Dies kann nur geschehen, indem man das eigene Ego aufgibt, die Flüchtigkeit des Materiellen erkennt und sich als Teil des Großen Ganzen identifiziert (Zen). Die Einordnung in das Große Ganz und All-Eine birgt das konfuzianistische Dogma, dass jeder seinen festen Platz in der gesellschaftliche Ordnung finden und ausfüllen, seine Aufgabe im Weltengeschick erfüllen sowie dem Ganzen dienen muss. Zudem ist der Weg derjenige, der zur Natürlichkeit führt; er ist die ewige Suche nach der natürlichen aufrechten Haltung von Körper und Geist (Sinto).

Dojo - Der Tempel

Das Dojo ist der Ort, an dem der Weg geübt wird. Dojo heißt aber auch Tempel. Diese Verknüpfung kommt daher zu Stande, dass ursprünglich die Kampfkunst - vor allem in China - eine Übung der Mönche war, die in Tempeln und Klöstern lebten und übten. Bei den Samurai waren die verschiedenen Kampfkunstschulen (Ryuha) zudem meist an bestimmte Familienclans geknüpft und wurden als Geheimnis behandelt, das im Tempel der Ahnen unter Ausschluss der Öffentlichkeit geübt wurde. Gleichzeitig ist es in vielen Traditionen wie z.B. der des Qigong und Taiji Chuan wichtig, in der Natur zu trainieren, um am Nabel des Lebens zu sein. Man kann aber auch von Tempel sprechen, da Dojo den Ort bezeichnet, an dem durch Budo versucht wird, der Erleuchtung näher zu kommen. Es gibt ein paar Merkmale, die ein Dojo in Japan ausstrahlen bzw. haben sollte: Ein Dojo sollte immer einen kleinen Schrein (kamiza) haben, der zur Huldigung des Do, der Ahnen und Meister dient. Zudem sollte das Dojo in seiner Struktur und Einrichtung schlicht, zweckgebunden und klar sein, um die Budo-Tugend der Demut zu verdeutlichen und keinerlei Ablenkung vom Praktizieren beispielsweise durch schillernden Schmuck zu bieten. Es sollte zum Haus der Familie der Budoka werden, der mit dem Geist des Budo gefüllt ist. Und da der Geist der Budoka rein sein soll, muss auch das Dojo rein und sauber gehalten werden, woran jeder Budoka mitzuarbeiten hat. Das Dojo als Raum soll den inneren Raum, des Geist und das Herz des Budoka widerspiegeln und umgekehrt; die Pflege des einen dient der Pfleg des anderen.

Zen - Der „Geist“

Das Wesenselement des Zen macht das Budo erst zu einer Do-Disziplin. Die Do-Disziplinen sind Disziplinen des Zen, die die Erleuchtung, das Satori zum Ziel haben. Das Zen macht die Kampfkunst zur Lebenskunst, da wir mittels des Üben des Kampfes zur Überwindung unseres Egos kommen. Das Zen sorgt dafür, dass wir vom reinen Perfektionieren der Technik hin zur Selbsterforschung und Wesensschau, dem Üben einer aufrechten Haltung innen wie außen, in Bewegung und Stille kommen. So wie Kenei Mabuni sagte: „Karate ist Zen in Bewegung.“ Oder wie Brockers schrieb: „So zielt Karate-Do als eine Budo- und Zenkunst über einen praktischen Weg auf eine solche Geistesverfassung hin, die auf einer Seins- und Selbsterfahrung begründet ist, die jenseits allem Rationalen liegt. Durch den Zen-Einfluss erhielt die Kampfkunst Karate-Do einen transzendental-philosophischen Charakter.“ Die Praxis des Zen dient uns auch in Bezug auf Reiho und Shitei: „Der Krieger verzichtet auf die Aspekte seiner Erfahrung, die Barrieren zwischen ihm und anderen schaffen. Entsagung besteht mit anderen Worten darin, sich selbst zugänglicher, empfänglicher und offener zu machen.“ Die Zenpraxis hilft uns also immer wieder, uns zu erden und unseren Platz in der natürlichen Ordnung zu finden.

Shitei - Lehrer-Schüler-Verhältnis

Jeder Adept des Budo braucht einen Lehrer und Meister, der ihm den Weg weisen kann. Dies ist der Sensei. Er ist väterlicher Freund, Meister des Kampfes und Lehrer der Technik, spiritueller Führer und sollte dem Motto huldigen: Führen durch Vorbild. Ihm kommt eine hohe Verantwortung zu, da sich der Schüler ihm bzw. seiner Lehre anzuvertrauen hat. Insofern muss der Meister sich und seine Fähigkeiten einschätzen können, ebenso wie das Wesen, die Fähigkeiten und den Entwicklungsstand seines anvertrauten Schülers. Der Sensei muss vor allem den Schüler helfen sein Ego, seine Ängste zu überwinden. Hierfür ist eine Höchstmaß von Vertrauen notwendig. Die Lehren des Meisters werden nach dem Prinzip „Isshin desshin“, also von Herz zu Herz vermittelt. Man kann zwar übers Budo lesen, doch man muss es unter der Anleitung eines erfahrenen Meisters üben, der den Weg selbst gegangen ist. Es ist wie beim Schwimmen: Man kann zwar viel darüber lesen, doch wenn man versucht zu schwimmen, geht man ohne praktische Lehre unter. Der Meister sucht sich seine Schüler und umgekehrt. Aufgrund der Intensität des Weges, den beide miteinander gemeinsam gehen, ist es unbedingt erforderlich, dass die gegenseitige Auswahl weise erfolgt.

Reihō - Demut

Reihō bezeichnet das Wesenselement der Etikette und der Demut. Die Etikette ist der besondere Rahmen, der für den besonderen Inhalt, den Lehren des Budo geschaffen werden muss. Dank der Etikette weiß jeder, wo sein Platz ist, so dass er sich auf das Üben der Technik und das Erkennen ihres Sinnes konzentrieren kann. Sie drückt Demut und Respekt vor den Erfahreneren aus. Und vor allem ist sie ein äußerst wirksames Erziehungsmittel, das Achtsamkeit, Belohnung und sekundäre Tugenden, wie insbesondere Pünktlichkeit, Ordnung und Disziplin vermittelt. Nimmt man die Etikette ernst und beherrscht sie, drückt sie zudem Würde, Zuneigung und Höflichkeit vor sich selbst, den anderen und dem hehren Prinzip, dem im Budo gehuldigt wird, aus.

 

(Vgl. http://de.wikipedia.org, 01.07.2012)